Den Text findet ihr als pdf unten.
Unser Verhältnis als Antifaschist:innen zu bürgerlichen Wahlen: Unsere Wahl 365 Tage im Jahr auf zu antifascist actions!
Dieses Jahr fanden für uns als Antifaschist:innen in Süddeutschland gleich zwei wichtige Wahlen statt. Beide stehen dabei im Kontext der kapitalistischen Corona Krise und der Frage, auf wessen Rücken diese Krise ausgetragen wird. Wir möchten diese politisch besonders stark aufgeladene Zeit nutzen, um die Funktion von Wahlen im Kapitalismus und unser Verhältnis dazu als antifaschistische Bewegung mit Klassenstandpunkt zu diskutieren und einige grundlegende Fragen zu klären. Der Text kommt zugegebener Maßen etwas spät, aber: nach den Wahlen ist vor den Wahlen und wahrscheinlich verliert er erst mal nicht an Aktualität.
Macht es Sinn, dass wir als Antifaschist:innen wählen und wenn ja, wen? Sollten wir uns überhaupt mit bürgerlichen Wahlen auseinandersetzen, wenn sich durch sie am kapitalistischen System sowieso nichts ändern wird? Welche Rolle spielen bürgerliche Wahlen und der Wahlkampf für uns als antifaschistische Bewegung? Das sind Fragen, mit denen wir als antifaschistische Bewegung immer wieder konfrontiert werden. Entweder weil wir sie uns selbst stellen und darauf vielleicht keine abschließende Antwort finden, oder weil uns diese Fragen von unserem Umfeld gestellt werden. Im Folgenden wollen wir versuchen, diese Fragen aus antifaschistischer Perspektive zu beantworten.
Ein klares und bewusstes Verhältnis von uns als antifaschistischer Bewegung zu bürgerlichen Wahlen und eine Diskussion über dieses Verhältnis hilft, einen angemessenen und zielführenden Umgang mit dem Wahlkampf und der Wahl an sich zu finden.
Wählen oder Nichtwählen – das ist hier (nicht) die Frage
Wird in linken Kontexten über Wahlen diskutiert, hört man früher oder später eigentlich immer den Satz: „Wenn Wahlen wirklich etwas ändern würden, wären sie verboten“. Und das stimmt auch! Die Antwort auf die Frage, ob wir als linke, bzw. Antifaschist:innen wählen gehen ist trotzdem nicht einfach. Während es durchaus Sinn ergeben kann, den progressivsten Kräften die Stimme zu geben, die mitunter auch mal die Nähe zur antifaschistischen Bewegung suchen, sollte man sich natürlich nicht der Illusion hingeben, dass bürgerliche Wahlen etwas am kapitalistischen System ändern könnten, oder linke parlamentarische Kräfte in der Lage wären, den Faschisten auf der Straße und im Parlament das Wasser abzugraben.
Denn Wahlen erfüllen im bürgerlichen Staat primär die Funktion das System zu legitimieren, auftretende Widersprüche einzufangen und im Rahmen des Systems zu „lösen“, bzw. abzuschwächen. Die Frage, ob es in einer konkreten Situation Sinn ergibt, zu wählen, oder welche Partei man wählt, ist für uns als Antifaschist:innen sekundär. Man kann wählen gehen oder man lässt es bleiben, was zählt, ist sich abseits von Wahlen, Parteien, Parlament oder anderen staatsnahen Institutionen zu organisieren und eigene wirkmächtige Strukturen und reale Gegenmacht auf der Straße von unten aufzubauen. Unsere Hoffnung und politische Arbeit in den bürgerlich-parlamentarischen Apparat zu stecken ist verschwendete Zeit und steht diesem Ziel entgegen.
Warum sollen wir uns überhaupt mit dem bürgerlichen Wahlkampf auseinandersetzen?
Heißt das in letzter Konsequenz also, dass wir uns überhaupt nicht mit bürgerlichen Wahlen auseinandersetzen sollen, da diese am Ende an diesem rassistischen, spalterischen und ausbeuterischen System sowieso nichts ändern werden?
Offensichtlich auch nicht. Wahlen beeinflussen, wie sich die konkreten politischen Verhältnisse in der Zeit, bis wieder gewählt wird entwickeln. Die Wahlergebnisse und die mit ihnen einhergehenden Konsequenzen haben auch direkte Auswirkungen für uns und unsere politische Arbeit. Ein Erstarken rechten Kräfte, seien es Parteien wie die AfD oder der Dritte Weg, aber auch ein Erstarken außerparlamentarischer rechter Strukturen, wie der Identitären Bewegung, bedeutet immer auch eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse sowieso schon an den Rand der Gesellschaft Gedrängter. Denn es macht durchaus einen reellen Unterschied für im Kapitalismus marginalisierte Gruppen, wie Frauen, Migrant:innen, Linke und Arbeiter:innen, ob eine extrem rechte Partei wie die AfD mehr oder weniger zu melden hat. Ein Blick ins Wahlprogramm oder die Praxis der AfD zeigt, dass sie für eine Verschärfung der ökonomischen Verhältnisse steht. Als Beispiele seien hier die Erhöhung des Renteneintrittsalters, oder die Ablehnung von Erbschaftssteuer und Mietendeckel erwähnt.
Ein Erstarken rechter Kräfte bedeutet also immer, dass Ausbeutungsverhältnisse verschärft werden, der Boden für rassistische Morde geebnet wird und bspw. Frauen sukzessive ihre Rechte abgesprochen werden. Um das zu verhindern müssen wir gemeinsam mit unserer Klasse einen gut organisierten und wirkmächtigen antifaschistischen Selbstschutz aufzubauen.
Während des Wahlkampfes entscheidet sich für die Rechten viel über deren Stellung in der Gesellschaft. Es ist also eine Zeit, in der es gilt, immer zur Stelle zu sein, wenn sie versuchen, ihre Stellung zu verbessern. Es gilt den Rechten zu verunmöglichen, ihre Hetze auf die Straßen zu tragen und an Ansehen zu gewinnen. Gerade das vermehrte öffentliche Auftreten rechter Parteien im Wahlkampf gibt uns als Antifaschist:innen die Möglichkeit, diese persönlich anzutreffen, mit Protest zu konfrontieren und ihnen die Plattform zu nehmen. Im besten Fall erfolgt ein „Lerneffekt“ bei den Rechten und sie tauchen in der Zukunft gar nicht mehr auf der Straße auf, da sie sowieso mit Gegenprotest rechnen.
Wichtig ist, dass wir uns als Antifaschist:innen nicht zu Handlangern bürgerlicher Parteien oder gar deren Wahlkampfhelfer:innen machen. Abschottung der Grenzen, Abschiebungen, das Verschärfen von Polizeigesetzen oder die Kriminalisierung von Antifaschismus: all das ist Politik herrschender Parteien von Union bis Linkspartei, dafür braucht es nicht die AfD.
Vielmehr ist es, insbesondere in Zeiten kapitalistischer Krisen, eine Kernaufgabe der antifaschistischen Bewegung unserer Seite den Rücken freizuhalten. Das bedeutet, dass wir – dadurch dass wir den Handlungsspielraum rechter Akteure so weit es geht einschränken – anderen fortschrittlichen, revolutionären Kräften den Raum schaffen, Perspektiven jenseits des Kapitalismus aufzuzeigen und greifbar zu machen.
Was bedeuten Wahlen also für uns als antifaschistische Bewegung?
Rechte nutzen die Wahlen, besonders die Zeit des Wahlkampfs, um ihre rechte Propaganda unter die Menschen zu bringen sowie ihre Orts-und Kreisverbände zu stärken. Sie versuchen mit Wahlveranstaltungen soziale und inhaltlich wichtige Momente für die rechte Bewegung zu schaffen, versuchen bei Infoständen Menschen von ihrer Sache zu überzeugen, für sich zu rekrutieren und Stärke zu zeigen. Das sind Momente in denen wir als antifaschistische Bewegung in der Pflicht sind das so gut es geht zu stören und zu unterbinden. Wiewir das machen entschieden wir selbst. Faschisten kann auf verschiedenen Ebenen mit verschiedenen Mitteln geschadet werden. Der Rahmen bürgerlicher Gesetze ist dafür nicht entscheidend. Unser Vorgehen wählen wir, angepasst an die konkrete Situation, anhand von Kriterien aus wie Legitimität, Vermittelbarkeit, Effizienz und dem erwarteten Effekt.
Gleichzeitig stellen solche politisch aufgeladenen Zeiten natürlich auch für uns eine Chance dar. Wir können ganz konkret unserem politischen Gegner schaden, ihn zermürben, demotivieren und auch für die Zeit nach der Wahl schwächen. Auch für uns bietet sich in diesen Zeiten die Chance, vermehrt Erfahrungen auf der Straße zu sammeln, uns auszuprobieren und an den gesammelten Erfahrungen zu wachsen und zu lernen, sowie unsere eigenen Inhalte zu vermitteln und als Bewegung zu diskutieren – wozu auch dieser Text einen Beitrag leisten soll.
Wahlen stellen für uns als Antifaschist:innen also ein wichtiges Ereignis dar, bei dem wir ordentlich mitmischen können. Gleichwohl dürfen wir natürlich den Fehler machen und unsere Arbeit als getan ansehen, wenn die NPD nicht im Parlament vertreten ist oder die AfD weniger Sitze im Parlament hat als noch in der Legislaturperiode zuvor. Denn es geht nicht bloß darum, rechten Parteien die Parlamente zu nehmen und ihre Stellung dort zu schwächen. Es geht darum, rechte Strukturen nachhaltig zu schwächen und zu zerschlagen. Das kann nicht innerhalb von ein oder zwei Monaten antifaschistischer Intervention während des Wahlkampfs passieren, sondern erfordert kontinuierliche, hartnäckige und zielstrebige antifaschistische Arbeit – über das ganze Jahr.
Nicht auf diesen Staat vertrauen – Gegenmacht von unten Bauen!
Wahlen als Stütze des Systems:
Wenn wir uns als Bewegung auf den Parlamentarismus beschränken, oder uns der Illusion hingeben, über bürgerliche Wahlen etwas ändern zu können, wird es uns wie den Grünen gehen, die von einer zumindest einmal widerständigen Bewegung, zu einer tragenden Säule des Systems geworden sind. Auch Teile der Linkspartei zeigen mehr als deutlich, wie sich das Versteifen auf den Parlamentarismus auf Bewegungen mit fortschrittlichem Anspruch auswirkt. In allen Ländern, in denen die Linkspartei an der Regierung beteiligt ist, wird abgeschoben, in Berlin werden weiterhin Häuser im Interesse des Kapitals geräumt und Menschen erfrieren auf den Straßen.
Würden wir den Fehler machen, den Kampf lediglich in und um einer Arena des bürgerlichen, des kapitalistischen Systems zu führen, können wir nur verlieren.
Diese Einsicht leitet sich (neben unzähligen Beispielen aus der Praxis) aus der Analyse des Klassencharakters des Systems und seiner Wahlen ab. Wir verwenden in diesem Text nicht zufällig den Ausdruck „bürgerliche“ Wahlen. Wir müssen uns immer bewusst machen, dass es sich um Wahlen handelt, die zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems dienen. Das Austragen von gesellschaftlichen Widersprüchen über bürgerliche Wahlen und deren Verhandlung im Parlament und möglicherweise sogar deren Abschwächung, sind Mechanismen, die zur Stabilisierung des Systems beitragen.
Aber ohne das revolutionäre Überwinden des Kapitalismus wird die Gefahr einer faschistischen Bewegung, und im Falle sich zuspitzender gesellschaftlicher Widersprüche die Machtergreifung des Faschismus, niemals final besiegt werden können.
Der Faschismus ist in Zeiten eines strauchelnden Kapitalismus, in Zeiten der kapitalistischen Krise immer eine Option für das System, sein überleben zu sichern. Sei es eine wirtschaftliche Krise, die zyklisch immer wieder im Kapitalismus auftritt, oder die Bedrohung des kapitalistischen Systems durch eine klassenbewusste, revolutionäre Arbeiter:innenbewegung, beides sind Probleme für die Kapitalist:innenklasse, die sie in spezifischen historischen Situationen nicht ohne das Bündnis mit den Faschist:innen lösen konnte und kann. Denn die faschistische Bewegung gibt den Kapitalist:innen das, was sie selbst nicht haben: eine Massenbasis, die dazu bereit ist das kapitalistische System im Bündnis mit dem Kapital zu verteidigen. Den trotz aller pseudorevolutionärer Demagogie und Rhetorik, stellt der Faschismus niemals die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse in Frage. Im Gegenteil, die Ausbeutung der lohnabhängigen Klasse verschärft sich im Faschismus noch weiter, die Arbeiter:innenbewegung wird mit allen Mitteln bekämpft. In Zeiten kapitalistischer Krisen kann eine faschistische Bewegung so zum Rettungsanker des kapitalistischen Systems werden.
Auch wenn Wahlen, wie bereits erwähnt, wichtige politische Ereignisse für uns Antifaschist:innen sind, so sind sie doch nur ein Teil im Mosaik unserer politischen Arbeit. Worauf es ankommt, ist dass wir eigenständige, effektive und schlagfertige Strukturen schaffen.
Organisiert euch: Den politischen Feind selbstbestimmt angreifen und die eigene Seite aufbauen!
…Und es ist immer der richtige Zeitpunkt, damit anzufangen! Der Faschismus steht nicht kurz davor, die Macht zu ergreifen. In Süddeutschland gelang es Faschisten kaum Fuß auf der Straße zu fassen.
Also lehnen wir uns entspannt zurück, oder werden einfach in anderen Teilbereichen (die natürlich genauso ihre Wichtigkeit haben) aktiv?
Natürlich nicht.
Es gibt in der Region faschistische Strukturen, die nur darauf warten, dass ihre Zeit endlich kommt und deren momentane Schwäche auf eine hartnäckige, kontinuierlich und professionell arbeitende antifaschistische Bewegung zurückzuführen ist.
Und wenn wir erst damit beginnen uns zu organisieren, wenn es schon brennt, ist es zu spät! Wir müssen uns zu jedem Zeitpunkt darum kümmern, eigene und effektive Strukturen aufzubauen, die über Erfahrung verfügen und dann handlungsfähig sind, wenn es darauf ankommt.
Die Querdenken Bewegung zeigt, wie schnell auf einmal, scheinbar aus dem nichts, eine rechts-offene Massenbewegung entsteht, in der Faschisten eine zentrale Rolle spielen. Dabei ist es natürlich kein Zufall, dass diese Bewegung jetzt entstanden ist, sondern hat seine Ursache in der momentanen kapitalistischen Krise. Und genauso wird es bei der nächsten kapitalistischen Krise (die zwangsläufig eintreten wird) wieder eine rechte „Antwort“ geben und wieder werden rechte Bewegungen versuchen, die soziale Fragen zu besetzen.
Die antifaschistische Mitmach-Kampagne „antifascist action! – Gegen rechte Krisenlösungen“ war ein erster richtiger und politisch notwendiger Schritt gewesen, dringend notwendige antifaschistische Aktionen zu bündeln, zu sammeln und in einen gemeinsamen Kontext zu setzen. Gerade in diesem krisenhaften „Superwahljahr“ war es wichtig, selbstbewusst in Aktion zu treten und zu verhindern, dass sich die Rechten, allen voran die AfD, als Retter in der Not präsentieren und politischen Profit aus der Krise schlagen. Denn die vermeintlichen „Lösungen“ der Rechten mögen für die Herrschenden eine Option sein, für uns Lohnabhängige bedeuten sie nur eine weitere Verschärfung der Situation.
Die Rechten in der Region:
Mit Abschluss des vermeintlichen „Superwahljahres“ 2021 wollen wir versuchen die Wahlergebnisse der AfD, vor allem in Reutlingen und Tübingen, kurz zu analysieren. Zwar sollten wir unsere politische Arbeit nicht zu starr an diesen Zahlen orientieren und messen. Sie geben uns jedoch Auskunft darüber, wo die Rechten stark sind und wo sie Zuspruch finden. Dort gilt es die AfD in Zukunft besonders mit Protest zu konfrontieren und antifaschistische Bewusstseinsbildung voran zu treiben. Denn auch die Rechten analysieren diese Ergebnisse und fühlen sich besonders in diesen Stadtteilen wohl.
Sowohl bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg als auch bei der Bundestagswahl 2021 erzielte die AfD in der Stadt Reutlingen ca. 9% (Landkreis Reutlingen ca. 10%)1. In der Stadt Tübingen liegt sie mit 3% deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von ca. 10%2. Der Landkreis Tübingen liegt mit 7,8% ebenfalls darunter. In beiden Städten ist im Vergleich zu 2017 der bundesweite Verlust von ca. 2-3% zu bemerken.
In Tübingen sowie in Reutlingen erhielt die AfD in den umliegenden Stadtteilen besonders viele Stimmen. Im Tübingen stechen die Stadtteile Bühl (7,75%), Hirschau (7,27%), Hagelloch (7,17%) und Unterjesingen (8,09%) mit vergleichsweise hohen Stimmenanteilen hervor.
Das höchste Ergebnis in Tübingen finden wir mit 9,65% im Wennfelder Garten vor, also dreimal so viel wie die Stadt.
In Reutlingen erzielte die AfD in fast allen angrenzenden Stadtteilen ein zweistelliges Ergebnis. Aber nicht nur dort stößt die AfD mit rechter Hetze auf Anklang, ihr stärkstes Ergebnis mit 19,88% der Zweitstimmen erhielt sie in dem städtischen Wahlkreis 016-03 Minna-Specht-Gemeinschaftsschule.
Leider kommen wir nicht umher, auch die Partei „dieBasis“ kurz zu erwähnen. Die aus der Querdenken-Bewegung entstandene Kleinstpartei besteht in Reutlingen und Tübingen aus stadtbekannten aktiven ‚Querdenkern‘. Sie erhielt in Tübingen 1,5%, in Reutlingen 0,9% der Stimmen. Dies entspricht fast 1.000 bzw. 500 Personen. Besonders in Tübingen zeigte sie sich im Wahlkampf sehr aktiv und veranstaltete in den Wochen vor der Wahl fast täglich Infostände in der Fußgängerzone. Ob und wie sie in Zukunft in Reutlingen und Tübingen präsent sein wird, müssen wir kritisch beobachten. Auch, ob sie sich als neues Massensammelbecken für Querdenken etabliert, wird sich zeigen.
Im Vergleich zur „Basis“ ist die AfD in Tübingen (sowohl zur Landtags- wie auch zur Bundestagswahl) gar nicht persönlich in Erscheinung getreten. Ihre Wahlplakate wurden während dem Landtagswahlkampf konsequent entfernt, sodass sie es im Herbst wohl nicht für nötig hielt, in Tübingen und Umgebung zu plakatieren – die Anzahl an aufgehängten Plakaten lässt sich an einer, maximal zwei Händen abzählen.
Nachdem im Frühjahr 2021 auch im Landkreis Reutlingen AfD Plakate zügig verschwanden und Ingo Reetzke öffentlich seinen Frust darüber kund tat, wurden auch dort vor der Bundestagswahl deutlich weniger AfD Plakate aufgehängt, die wenigen die auftauchten zumeist schnell wieder entfernt3. Auch ist ihr Straßenwahlkampf in Reutlingen bemerkbar stiller geworden. So hatte die AfD ihren Bundestagswahlkampf bereits im Juli mit einer eher schlecht besuchten Kundgebung eingeläutet4. Für den Rest des Wahlkampfes zog sie sich mit ihren rechten Infoständen in Dörfer um Reutlingen herum zurück. Dass die AfD ihren prominenten Stand auf dem Marktplatz der Reutlinger Innenstadt aufgegeben und diesen nicht weiter als Bühne genutzt hat, können wir auch auf kontinuierlichen antifaschistischen Protest während der Landtagswahl zurückführen5. Woche für Woche organisierten Antifaschist:innen Proteste in Reutlingen um den Infostand der AfD abzuschirmen und den rechten Wahlkampf zu sabotieren.
Mit konsequentem antifaschistischen Protest auf verschiedenen Ebenen, kann es gelingen, Rechten ihren Plattform zu entziehen, der Normalisierung rechter Hetze entgegenzutreten und ihre Komfortzonen antifaschistisch zu durchbrechen.
Die Wahlergebnisse gehen vermutlich auf eine sich herauskristallisierende Stammwählerschaft der AfD zurück. Es ist Aufgabe der antifaschistischen Bewegung durch Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung innerhalb unserer Klasse, bei gleichzeitiger antifaschistischer Intervention, dafür zu sorgen, dass diese Stammwählerschaft sich nicht vergrößert. Das heißt auch, die treibenden Kräfte in den verschiedenen Orts- und Kreisverbänden ganz konkret in ihrer Arbeit zu behindern und anzugehen.
So gab es in diesem Jahr bei verschiedenen aktiven AfD Kandidaten in den Kreisen Reutlingen und Tübingen Aktionen an deren Wohnort.6 7 8.
Das Ende der Wahl heißt für uns Antifas nicht, dass wir uns jetzt entspannt zurücklehnen können – im Gegenteil! Das Ergebnis zeigt, dass es für uns noch viel zu tun gibt, es zeigt uns aber auch: Antifa wirkt! Wenn wir uns gemeinsam organisieren, Proteste planen und durchführen und Nazis konsequent und überall entgegentreten, können wir sie vertreiben und in ihrem Handlungsspielraum einschränken. Die beiden Wahlkämpfe dieses Jahr haben gezeigt: Wir brauchen uns als antifaschistische Bewegung nicht zu verstecken, im Gegenteil! Es ist gelungen, den rechten Wahlkampf auf vielen Ebenen zu stören und den Wahlkampf der rechten zu sabotieren und gleichzeitig als Bewegung daran zu wachsen. Gehen wir mit den im Rahmen der Wahlkämpfe und der antifascist action! Kampagne gesammelten Erfahrungen gestärkt in unsere zukünftige politische Arbeit und nehmen den Faschisten die Basis, die Parlamente, und die Straßen!
Es bleibt dabei: Die antifaschistische Aktion aufbauen!
1Wahlergebnisse Stadt Reutlingen: https://wahlergebnisse.komm.one/04/produktion/wahltermin-20210926/08415061/praesentation/ergebnis.html?wahl_id=468&stimmentyp=1&id=ebene_-2869_id_4148
2Wahlergebnisse Universitätsstadt Tübingen: https://wahlergebnisse.komm.one/04/produktion/wahltermin-20210926/08416041/praesentation/ergebnis.html?wahl_id=468&stimmentyp=1&id=ebene_-2773_id_4024
3https://reutlingen.afd-bw.de/aktuelles/news/26130/Linksextreme+Zerst%C3%B6rungswut%3A+AfD-Plakate+in+Reutlingen+abgerissen+
4https://otfr.noblogs.org/post/2021/07/10/kurzbericht-afd-wahlkampfauftakt-gestoert/
5https://otfr.noblogs.org/post/2021/09/19/rt-antifa-wirkt-basis-stand-gestoert-und-workshop-in-reutlingen-veranstaltet/
6https://de.indymedia.org/node/153560
7https://de.indymedia.org/node/144257
8https://de.indymedia.org/node/144363
Keine Kommentare