Am 19. Januar 2015,versammelten sich in Tübingen gegen 17:30 Uhr ca. 100 Mensch an der Neckarbrücke, um der Ermordung von Khalid Idris Bahray zu gedenken.
Am 13.01.2015 wurde die Leiche des erstochenen Flüchtlings aus Eritrea im Dresdener Stadtteil Leubnitz-Neuostra gefunden. Trotz der offensichtlichen Anzeichen für eine Gewalttat, suchte die örtliche Polizei anfangs den Sachverhalt als einen Unfall ohne jegliche Form von Fremdverschulden darzustellen. Obwohl mittlerweile die Erkenntnis vorherrscht, dass sich das Opfer die Verletzungen nicht selbst zugefügt hat, ermittelt die Polizei fast ausschließlich im sozialen Umfeld des Ermordeten. Am Mittwochmittag lädt die Polizei ein knappes Dutzend seiner MitbewohnerInnen zur Vernehmung in einen Mannschaftswagen.
Die genauen Todesumstände des 20- Jährigen sind nach wie vor unklar. Ein rassistischer Hintergrund dieser Tat erscheint doch mehr als wahrscheinlich. In Dresden herrscht seit einigen Wochen eine bedrohliche Stimmung. Wöchentlich erzeugen mehrere tausend Menschen ein konkretes Bedrohungsszenario für MigrantInnen, indem sie ihre rassistische Ideologie und ihr Aggressionspotential auf den Straßen der sächsischen Landeshauptstadt präsentieren. Die Flüchtlinge verlassen dieser Tage nicht das Haus und schicken ihre Kinder nicht in die Schule, so die Bekannten von Khalid Bahray. Darüber hinaus berichten sie von öffentlichen Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen.
Das diese Entwicklungen kein Einzelfall, sondern Auswirkungen eines tief in der Gesellschaft verankerten Rassismus ist, zeigt die Häufigkeit und Regelmäßigkeit solcher Verbrechen. Auch in der Region Tübingen, genauer in Rottenburg, wurde kürzlich ein Mann, welcher eindeutig der rechten Szene zuzuordnen ist, festgenommen, da er zwei Flüchtlinge aus Gambia angepöbelt und auf sie eingeschlagen hat. ( Dezember, 2014)
In Gedenken an Khalid Idris Bahray und gegen die rassistischen Zuspitzungen der aktuellen Verhältnisse demonstrierten heute nun in Tübingen etwa 100 Menschen, indem sie von der Neckarbrücke zum Holzmarkt liefen, um dort eine Kundgebung abzuhalten. Die Antifaschistische Aktion [Aufbau] Tübingen beteiligte sich an dieser Aktion, wie auch die Alb Offensive und das Offene treffen gegen Faschismus und Rassismus für Tübingen und die Region (OTFR). Dies ging aus den anwesenden Transparenten hervor. Mit Parolen wie „Kahlid Bahray das war Mord, Flüchtlinge bleiben – an jedem Ort“ oder „Flüchtlinge bleiben, Nazis vertreiben“ und verschiedenen Redebeiträgen wurden die PassantInnen auf das Anliegen der Demonstration aufmerksam gemacht.
Im folgenden werden Auszüge eines Beitrags der Antifaschistischen Aktion (Aufbau) Stuttgart dokumentiert:
So vermeintlich neu und unerwartet, wie gerade die bundesdeutschen Medien PEGIDA präsentieren, ist die politische Bewegung nicht. Einzig der Mobilisierungserfolg auf den Straßen Dresdens unterscheidet die Bewegung von den Versuchen rassistischer Mobilmachung in den vergangenen Jahren. Die aktuellen Ereignisse erinnern zudem nur allzu offensichtlich an die BRD der frühen 90er Jahre. Damals war schon einmal ein von rassistischen Ressentiments aufgestachelter Mob durch die Straßen der Republik gezogen, Flüchtlingsunterkünfte wurden angezündet, die Republikaner erzielten zweistellige Wahlergebnisse und die CDU/FDP-Regierung schuf das Recht auf Asyl faktisch ab.
Zu Beginn der 90er Jahre waren es zu wenige, die sich zu spät der rassistischen Mobilmachung in den Weg stellten und zu konkreten Gegenmaßnahmen griffen. Das Wissen um die marodierenden rassistischen Horden in Rostock-Lichtenhagen 1992, dem von Neonazis verübten Brandanschlag in Solingen 1993 mit fünf Toten und die unzähligen Angriffe und rassistischen Aufmärsche dieser Zeit zwingen uns, den aktuellen Entwicklungen frühzeitig, massiv und entschieden entgegenzustehen.
Diesem Aufruf zu einer konsequenten antirassistischen Intervention schließen wir uns an. Es ist an uns gegen diesen gesellschaftlichen Rassismus gemeinsam und solidarisch vorzugehen. Lasst fremdenfeindliche Ressentiments und rassistische Ideologie nicht unbeantwortet, egal wo sie deutlich werden!
Informiert und organisiert Euch – Eine Möglichkeit ist das monatlich stattfindende Offene Treffen gegen Faschismus und Rassismus für Tübingen und die Region. Jeden zweiten Montag im Monat wird sich um 20:00 Uhr im Clubhaus getroffen um gemeinsam eine antifaschistische Praxis zu etablieren.