Faschistische Gewalt in Deutschland
Erst als im November vergangenen Jahres die grausame Mordserie des Neonazitrios Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe, besser bekannt als „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) oder „Zwickauer Terrorzelle“ an die Öffentlichkeit gelangte, wurde in Deutschland wieder über rechte Gewalt diskutiert. Die Politik zeigte sich betroffen aber machtlos, die Medien schlachteten das Thema bis zum Letzten aus und suchten nach Schuldigen. In der öffentlichen Diskussion schien Zwickau allerdings meistens als ein ferner Ort, der mit der hiesigen Realität nichts zu tun hat.
Dass es aber auch im Landkreis Lörrach eine gewalttätige Neonaziszene gibt, die auch vor bewaffneten Übergriffen nicht zurückschreckt, wissen die meisten hier ansässigen Menschen bis heute nicht. Einzig die Verhaftung des „Weiler Bombennazis“ Thomas Horst Baumann im Spätsommer 2009 sowie die Anschläge im Mai und November 2010 auf die Alperenler Moschee in Rheinfelden sorgten für mediale Aufmerksamkeit. Leider sind diese Vorfälle aber nur ein kleiner Ausschnitt einer langen Liste an rechter Gewalttaten, die sich in den letzten Jahren im äußersten Südwesten Baden-Württembergs abspielten.
Lörracher Neonazis – Nur harmlose Dorfnazis?
Nazipropaganda in Form von Schmierereien oder Aufklebern an Straßenlaternen, Verkehrsschildern und Schulhöfen gehört in vielen Städten und Gemeinden im Landkreis mittlerweile zum Stadtbild. Besonders dreist ist dabei, dass die Faschisten zum Teil scharfe Rasierklingen unter den Aufklebern platzieren, sodass man sich beim Versuch des Entfernens der Aufkleber die Finger aufschneidet. Auch schrecken die Nazis nicht davor zurück, Jugendliche, die Naziaufkleber abkratzen, auf offener Straße mit einem Messer zu bedrohen.
Das alternative Café Irrlicht in Schopfheim wurde ebenfalls immer wieder Ziel von gefährlichen Angriffen der Nazis. Hierbei reicht die Palette der Gewalttaten von Farbbeutelangriffen und das gezielte Abfeuern von Pyrotechnik und Feuerwerkskörpern auf Gäste des selbstverwalteten Jugendzentrums, bis hin zu Brandanschlägen und dem Versuch Gäste mit einem PKW zu überfahren. Nur durch Glück ist bisher noch niemand ernsthaft verletzt worden.
Am 17. April 2010 griffen bewaffnete Neonazis TeilnehmerInnen des Christopher-Street-Day Umzuges durch die Lörracher Innenstadt mit verschiedenen Gegenständen an. Glücklicherweise kam es auch hierbei zu keinen Verletzungen. Anders erging es einer Gruppe junger Erwachsener, die im Februar 2011 in einer Kneipe im Rheinfelder Ortsteil Herten gemeinsam feierten. Nach einer verbalen Auseinandersetzung wurde eine Gruppe Nazis, die dort ebenfalls gemeinsam feierten dem Lokal verwiesen. Daraufhin holten die Nazis telefonisch Verstärkung, vermummten sich mit Sturmhauben, bewaffneten sich mit eigens hierfür aufgetriebenen Teleskopschlagstöcken, Baseballschlägern, Reizgas und anderen gefährlichen Waffen und warteten bis die Gruppe der vermeintlichen AntifaschistInnen die Kneipe verließ. Ohne zu zögern schlugen die Nazis auf die unbewaffnete und zahlenmäßig unterlegene Gruppe ein und zielten dabei auf schwerste Verletzungen ihrer KontrahentInnen ab.
Dass dieser geplante, gewalttätige Übergriff keine einmalige Ausnahme darstellt, beweist eine Gruppe junger Faschisten, die sich selbst „G-Sport“ nennt. Die Mitglieder dieser Gruppe ziehen in einheitlicher Kleidung, bewaffnet mit Quarzsandhandschuhen, Reizgas und Teleskopschlagstöcken durch die Lörracher Innenstadt und suchen nach jungen Punks, um diese zu bedrohen und zu schlagen.
Organisiert den antifaschistischen Selbstschutz
Obwohl die Liste an gewalttätigen Übergriffen hier noch weiter fortgesetzt werden könnte, machen diese ausgewählten Vorfälle eindrucksvoll deutlich, dass es auch im Landkreis Lörrach äußerst gefährliche Neonazi-Strukturen gibt. Gleichzeitig lässt sich an der Tatsache, dass die wenigsten oben genannten Täter für ihre Verbrechen von der Staatsanwaltschaft zur Rechenschaft gezogen werden, eine weitere Lehre ziehen: Polizei, Justiz und Verfassungsschutz sind offenbar nicht gewillt, nicht in der Lage oder aber beides zusammen, gegen die andauernde rechte Gewalt vorzugehen. Dies kann im Umkehrschluss nur bedeuten, dass wir uns selbst diesem Problem annehmen müssen, wollen wir nicht in ständiger Angst vor weiteren Anschlägen und Überfällen leben. Deshalb sehen wir es als unsere Aufgabe den antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren und die Faschisten aus ihrer Deckung zu holen.
Auf nach Lörrach am 7. Juli
Viel zu lange konnten die braunen Banden auch im Dreiländereck ihre Propaganda ungestört verbreiten. Am 7. Juli gehen wir deshalb gemeinsam auf die Straße um den Faschisten zu zeigen, dass wir ihre Taten nicht unbeantwortet stehen lassen werden. Beteiligt euch an dem antifaschistischen Demonstrationszug am Samstag, den 7. Juli 2012 durch Lörrach!
Samstag, 7. Juli 2012 | 13.00 Uhr | Lörrach | Bahnhofsplatz
UnterstützerInnen:
Antifaschistische Linke Achern-Bühl // Antifaschistische Linke Freiburg // Antifaschistische Aktion Heilbronn // Rote Aktion Mannheim // Antifaschistische Jugend Mannheim/Ludwigshafen // Gruppe 76 Rastatt/Murgtal // Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart // Antifaschistische Aktion (Aufbau) Tübingen // Antifaschistische Aktion [O] Villingen-Schwenningen
Aus Stuttgart, Mannheim, Villingen-Schwenningen, Rastatt und Tübingen werden am 7. Juli Busse nach Lörrach fahren.